Das Arbeiten als freischaffender Pressefotograf hat Vor- wie Nachteile. Nachfolgend ein paar Eindrücke anhand des kürzlich abgestürzten F/A-18 Kampfjets der Schweizer Armee.
Mittwoch, 23. Oktober 2013. Ein trister, regnerischer Herbsttag. Nichts Ungewöhnliches in der Zentralschweiz. Um 14.30 Uhr bin ich vom Mittagessen nach Hause gekommen und habe meinen Computer gestartet, um anschliessend einen Fotoauftrag vom Morgen zu bearbeiten. Davor jedoch auf der Favoritenliste des Internet Browsers die Newsseiten gecheckt. (M)ein Ritual. Meine Nachmittagspläne konnte ich danach verwerfen.
Die „BREAKING NEWS“ auf der ersten von mir gewählten Newsseite verkündeten in grossen, fetten Lettern den Absturz eines F/A-18 Jets der Schweizer Luftwaffe zehn Autominuten von mir entfernt, in Alpnachstad. Kein Thema, da musste ich hin. Auch ohne Auftrag einer Zeitung oder Agentur. Wäre ich in diesem Moment zuhause geblieben und hätte das Unglück vom Computer/TV aus verfolgt, so müsste ich mir ernsthaft Gedanken über meine Berufswahl machen. Kurz auf „Google Earth“ die Absturzstelle lokalisiert und mögliche Fotopositionen gesucht. Der See, steile Felswände, Wälder und der Regen erschwerten die Arbeit enorm. Mit meiner Standartausrüstung, einem zum Glück geladenen Notebook mit vollem Akku und dem grossen 600mm Teleobjektiv fuhr ich in Richtung Ob-/Nidwalden. Ich entschied mich für die gegenüberliegende Seeseite, da ich dort auf uneingeschränktes Fotografieren ohne Polizei und Sicherheitspersonal spekulierte, was sich später als richtige Einschätzung erwies. Des Weiteren ging ich davon aus, dass die meisten Pressevertreter auf die „richtige“ Seeseite unmittelbar bei der Absturzstelle fahren. Als freischaffender Fotograf hatte ich keine Verpflichtungen ein Bild machen zu müssen. Ich war mit meiner Standortwahl weiter von der Szenerie entfernt als der Rest, hatte dafür einen anderen, exklusiven Blickwinkel. Logischerweise wurde ich von keinem Presseoffizier oder sonstigen Medienverantwortlichen empfangen und wusste daher nie wie der aktuelle Stand der Dinge war. Ob ich als festangestellter Pressefotograf die gleiche Standortwahl vollzogen hätte bezweifle ich. Ich hätte mich möglicherweise dem Mainstream und dem Fotografen-Pulk angeschlossen. Als Freelancer jedoch hatte ich die vollständige Freiheit. Nachteil: Ich erfuhr Infos nur aus zweiter Hand. Newsseiten und LiveTicker hielten mich auf dem Laufenden.

Google Earth Übersicht.
Bei meinem Standort angekommen, machte ich sofort mit 1200mm Brennweite die ersten Bilder vom Rettungshelikopter, welcher wohl die zu diesem Zeitpunkt vermisste Crew suchte. Meine Distanz zur Unfallstelle betrug über 1000m. Die Bildqualität war durch den Regen, den Einsatz vom 2.0x Konverter und den hohen ISOs nicht perfekt, aber den Umständen entsprechend mehr als gerechtfertigt. Schnelligkeit war in dem Moment entscheidend, weshalb ich das erste Bild sofort an den BLICK sendete. Das FTP Login hatte ich aus früheren Jobs gespeichert. Es folgten weitere Bilder, welche ich innerhalb von fünf Minuten an die Redaktion sendete. „BLICK online“ konnte sich deshalb früh von der Konkurrenz abheben, welche sich zu diesem Zeitpunkt noch mit teils unscharfen Smartphone Bilder begnügen musste. Der Regen wurde stärker, das MacBook Air immer nässer. Den Notebook-Regenschutz vergas ich in der Eile zuhause. Nach ungefähr 45 Minuten am ersten Standort auf Seehöhe entschied ich mich für einen Standortwechsel. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Trümmerteile des Fliegers im Bild.

F/A-18 Triebwerk im Hangar.

F/A-18 in einem Hangar.

Ein F/A-18 am Fliegerschiessen auf der Axalp.

Ein F/A-18 am Fliegerschiessen auf der Axalp.
In der Vergangenheit hatte ich immer wieder Fotojobs, in welchen ich den F/A-18 Jets ziemlich nahe kam. Die Flieger sind imposant und überraschend gross, weshalb für mich klar war, dass man irgendwo Reste des Fliegers sehen musste. Ich erkundigte mich bei Einheimischen vor Ort um den Weg und lief bei starkem Regen teils steil durch Wälder den Berg hoch. Nach ungefähr 30 Minuten kam ich zu einer Waldlichtung, bei welcher man auf die Unglückstelle sah. Der Regen wurde zu diesem Zeitpunkt etwas schwächer und die Sicht auf die Strasse unter dem Unglücksfelsen war gut. Ich suchte den Absturzort ab und erkannte bald einmal auf der Strasse ein paar wenige Teile des Fliegers. Kein schöner Anblick und trotzdem Teil meines Jobs. Auch hier der sofortige Bildversand nach Zürich, doch der mobile Internetempfang war sehr schlecht und die Bilder wurden nur sehr langsam übertragen.

Trümmerteile liegen auf der Strasse. Ein F/A-18 der Schweizer Luftwaffe stürzte bei schlechtem Wetter am Mittwoch, 23. Oktober 2013 bei Alpnachstad OW ab.

Trümmerteile liegen auf der Strasse. Ein F/A-18 der Schweizer Luftwaffe stürzte bei schlechtem Wetter am Mittwoch, 23. Oktober 2013 bei Alpnachstad OW ab.

Ein Super Puma holt Wasser aus dem Vierwaldstättersee um damit das Feuer bei der Absturzstelle zu löschen. Ein F/A-18 der Schweizer Luftwaffe stürzte bei schlechtem Wetter am Mittwoch, 23. Oktober 2013 bei Alpnachstad OW ab.

Ein Super Puma löscht das Feuer bei der Absturzstelle. Ein F/A-18 der Schweizer Luftwaffe stürzte bei schlechtem Wetter am Mittwoch, 23. Oktober 2013 bei Alpnachstad OW ab.

Ein Helikopter der REGA überfliegt das Absturzgebiet. Ein F/A-18 der Schweizer Luftwaffe stürzte bei schlechtem Wetter am Mittwoch, 23. Oktober 2013 bei Alpnachstad OW ab.

Die Wasserpolizei sichert die Absturzzone beim See ab. Ein F/A-18 der Schweizer Luftwaffe stürzte bei schlechtem Wetter am Mittwoch, 23. Oktober 2013 bei Alpnachstad OW ab.
Kurz nachdem die Bilder fertig übermittelt waren, setzte der Regen wieder ein. Ich für meinen Teil hatte die Arbeit erledigt und lief auf einem glitschigen, von nassem Herbstlaub überdeckten Pfad hinunter zur ersten Fotoposition und meinem Auto.